Lebenslange Vereinstreue - das war einmal

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Lebenslange Vereinstreue - das war einmal

Beitragvon Rinderwahn » 03.08.2006, 6:42

Während die Profivereine in der Fußballsaison 2006/07 wieder mehr mit Zuschauerrekorden rechnen, stellt sich die Lage bei den Amateurvereinen wenig rosig dar. Dieter Degenhart, langjähriger Präsident des Bayernliga-Vereins FC Memmingen, denkt lieber an frühere Zeiten zurück. In den fünfziger und sechziger Jahren zählte der FCM im Schnitt über 1000 Zuschauer pro Spiel, heute sind es kaum mehr als 400 - was nur einen Bruchteil des Etats deckt. Und auch der sechzigjährige Lutz Grüneberg, Präsident und früherer Spieler des FC Konstanz, klagt: „Während Anfang der siebziger Jahre im Schnitt 1200 Zuschauer unsere Spiele besuchten, sind es heute in der fast gleichen Klasse zwischen 200 und 250.“ Andere hat es schlimmer getroffen: Der VfR Heilbronn und Union Böckingen trugen ihre Derbys in den sechziger und siebziger Jahren vor 6000 bis 10.000 Zuschauern aus. Heute spielt der VfR (mittlerweile FC Heilbronn) vor kaum mehr als 300 Zuschauern (Landesliga Württemberg) und Union Böckingen vor 120 (Bezirksliga).


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Beitragvon Katsche » 03.08.2006, 11:31

Hm, sehr interessanter Artikel, aber bei mir liegt durchaus noch ein anderer Grund vor.

- ich wohne inzwischen ca. 450 km von meinem Heimatverein entfernt

Glaube, das viele eben nicht in der Umgebung leben, in der sie groß geworden sind (Hallo Rinderwahn, Schranke, Prytzgyl, Hamsn, wilkommen im Club!). Durch die geforderte räumliche Flexibiltät im Beruf können Leute nicht mehr zu "ihrem" Club, der dann durch die Entfernung auch nur noch bedingt ihr Club ist.

Nur ein Grund, gibt aber garantiert noch mehrere...
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Beitragvon schranke » 03.08.2006, 12:01

da ist was dran - aber auch, dass viele eben nur Fernsehfans sind und lieber den "großen" FCB ansehen, anstatt sich - evtl. auch noch bei Regen - sich an die Seitenlinie eines Sportplatzes zu stellen.

Die Vereine haben da leider an Zugkraft eingebüßt. Ab und an gibt es noch Ausnahmen: im Landkreis Bamberg bedeutet das Derby zwischen Reichmannsdorf und Lisberg nach wie vor Ausnahmezustand. Die kicken in der Kreisliga und es kommen fast 1000 Leute - alsi nahezu beide komplette Dörfer...
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Beitragvon Rinderwahn » 03.08.2006, 12:50

Natürlich wohne ich mittlerweile 250km von meinem Heimatverein entfernt. Aber ich schau mir auch hier im Dorf so 5-10 Spiele die Saison an. Da ist es einfach die Liebe zum Spiel und ein Dorfkick ist für mich mehr Fußball als ein Kommerzkick in der Bundesliga.
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Beitragvon Tom Hardt » 03.08.2006, 16:09

Das ist aber auch nur teilweise richtig. Ich nehm auch mal meinen Heimatverein.

Wir hatten in den achtziger Jahren den Sprung von der B-Klasse bis in die Landesliga geschafft. Bereits in der B-Klasse hatten wir einen Schnitt von300 bis 400 Zuschauern und alle Clubs oin der Region schauten schneidvoll zu uns. Wir hatten einen besseren Schnitt als viele Ober oder Verbandsligisten in unserer Region. Als Hauptgrund dafür sehe ich das wir mit einheimischen Jungs gespielt haben. die mit zwei drei "Gastspielern" aufgefüllt wurden. Die "Fans" an der Linie kannten die Jungs auf dem Platz aus Schule - Kindergarten - Dorfskneipe - da ging man natürlich am Sonntag auf den Sportplatz. Und da liegt auch - meiner Meinung nach - das Manko. Die Vereine legen mehr Wert auf den Erfolg und holen somit Auswärtige in die Kader. Denen wiederum geht es nur um das Geld was sie für den Fussball bekommen, sprich anfahen - runterspielen - wegfahren. Das Gemeinschaftsgefühl - das früher halt gelebt wurde, gibt es nicht mehr. Du triffst halt nicht mehr den Mittelstürmer, der am letzten Sonntag dreimal getroffen, im Getränkemarkt dadurch entfremdet sich der Fussballclub und das Interresse schwindet.

Dazu kommt dann noch das in der Gesellschaft sich immer mehr der Egoismus durchsetzt. Jeder schaut auf sich. Du bist nur was wenn Du Erfolg (Geld) hast. So wird dann auch das eigene Kind geprägt. Bereits in der E-Jugend schreien Eltern (Gott sei dank nur vereinzelt) ihre Kids an wenn sie den Ball verstolpern. Die Zahl derer erhöht sich dann spürbar je älter die Akteure werden. Auch erschreckend die Anzahl der Eltern die an der Linie stehen. Je älter der Junior desdo weniger Eltern tauchen auf. Das erklärt natürlich auch den Rückgang der älteren Jugendjahrgänge. (Die Spieler fühlen sich alleingelassen und wollen dann nicht mehr Fussballspielen und suchen sich was wo sie wieder die Aufmerksamkeit der Eltern finden).

Aber das alles ist ein Zeichen der Zeit und wir, die verblendeten ewig gestrigen, werden die goldenen Zeiten wo wir in Irlich zahlende 1200 Zuschauer im Pappelstadion hatten nicht mehr erleben. Und trotzdem schau ich noch immer ein stimmungsloses A-Klassenderby zwischen der Reserve des FV Engers gegen den SSV Heimbach-Weis oder der TSG Irlich gegen den SV Feldkirchen lieber als das Top Spiel zwischen den Bayern und Real Madrid, und wenn es nur wegen dem selbstgemachten Kuchen für 1 Euro ist und wegen dem Radler was ich mit einem Bekannten trinken kann den ich seit 2 Jahren nicht mehr gesehen habe der aber genauso denkt wie ich.
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Beitragvon H-Torsten » 05.08.2006, 9:09

Moin,

der Artikel ist in der Tat recht interessant und auch schon in einigen anderen Foren entsprechend gepostet worden.

Ich beobachte es ja beim SV Arminia Hannover. Man hat im Schnitt (letzte Saison) 423 Zuschauer in der Oberliga Nord und steht damit in der Zuschauertabelle immerhin an 5. Stelle (Quelle: Die Fußballecke). Liegt zum einen sicherlich an den für Zuschauer uninteressanten II. Mannschaften (sind hier im Norden 1/3 aller Teams) zum anderen aber sicherlich auch an den Menschen selbst.

Die Freizeitangebote sind heutzutage wesentlich reichhaltiger und irgendwie ist die Menschheit wohl auch bequemer geworden :roll: (Fußball im Stadion? Keine Arena? Kein Dach? Bei Regen evtl. nass werden? Keine Show/Events drumherum? Womöglich muss ich mich noch mit anderen Interessierten unterhalten anstatt selbst unterhalten zu werden?) Sicherlich gibt es auch ein paar Leute, die weggezogen sind, aber trotzdem sollte es beispielsweise in einer Stadt wie Hannover mit 500.000 Einwohnern möglich sein, 1.000 Zuschauer zu einem Oberliga-Spiel zu ziehen.

In Hannover ist es beispielsweise auch so, dass viele die nicht direkt zu 96 gehen, weil es ihnen beispielsweise vom Eintritt her zu teuer ist, ihr Geld aber in die entsprechenden Fußballkneipen tragen oder das Spiel lieber zu Hause im Freundekreis auf Premiere/Arena schauen.

Wäre im allgemeinen halt die Frage, wie man an diese Kreise herankommt. Nur mit attraktivem Fußball ist es nicht getan und bei Erfolgen (war bei Arminia in der letzten Saison das Halbfinale im Landespokal, wo mind. 400 mit zum Auswärtsspiel nach Cloppenburg gefahren sind) sind sie meist auch nur kurzfristig da.

Gleiches gilt für Sponsoren. Da werden auch keine bzw. kaum kleinere Vereine unterstützt. Lieber für 5.000 Euro/Saison Kleinstsponsor und namentlich irgendwo in der Stadionzeitung eines Bundesligisten erwähnt als vielleicht für die Hälfte des Geldes einen kleineren Verein zu unterstützen. Die Wahrnehmung dürfte da eigentlich nicht wirklich groß unterschiedlich sein, oder :?:

So, ist jetzt doch etwas länger geworden als gedacht, aber was solls.
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