Oberwerth bleibt ein Problemfall
Fußball: Die Koblenzer Nöte mit dem veralteten Stadion - Ausbaupläne liegen in der Schublade - Neue Arena nicht in Sicht
Der sportliche Höhenflug von TuS Koblenz hat auch seine Schattenseiten: Das Stadion Oberwerth, in dem der Fußball-Regionalligist seine Heimspiele austrägt, entspricht nur noch bedingt den Anforderungen des Deutschen Fußball-Bundes. Die Ursachen dafür sind vielfältig, eine Lösung der Probleme nur teilweise in Sicht. Fest steht: Ein neues Stadion, von dem bereits manche Fans träumen, bleibt aber wohl auf Jahre hin eine Vision.
KOBLENZ. In diesen Tagen beginnt man bei TuS Koblenz wieder einmal damit, diverse Unterlagen zusammenzutragen. Bis zum 1. März, so wollen es der Deutsche Fußball-Bund (DFB) und die Deutsche Fußball-Liga (DFL), müssen alle Bewerber der Regionalligen ihre Unterlagen für die Lizenzierung in der DFL-Zentrale in Frankfurt abgegeben haben, zwei Wochen später müssen die Papiere für die Bundesliga- und Zweitligabewerber bei den gestrengen Verbands-Mitarbeitern auf dem Schreibtisch liegen. Neben der sportlichen Qualifikation wird man dort in erster Linie die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit hinterfragen, sprich, ob der Verein in der Lage ist, den Spielbetrieb während der Saison zu finanzieren. Und: Die so genannten "infrastrukturellen und sicherheitstechnischen Kriterien" müssen erfüllt werden, um in der Regionalliga oder gar der Zweiten Liga an den Start gehen zu dürfen. Dieser Punkt wird aller Voraussicht nach der Schwachpunkt in den umfangreichen Formularen der TuS sein, denn in letzter Konsequenz wird dort einmal mehr zu ersehen sein, dass das im Jahr 1936 gebaute Stadion Oberwerth nicht mehr den Standards des Profi-Fußballs anno 2006 genügt.
"Keine Frage, das Stadion ist nicht mehr zeitgemäß", gibt auch Jürgen Joras unumwunden zu, der als Leiter des Sport- und Bäderamtes für die Sportanlagen der Stadt verantwortlich ist. Und die Mängelliste rund um das Oberwerth ist lang. Die An- und Abfahrtswege sind selbst bei bescheidenem Zuschaueraufkommen stets verstopft, die installierte Lautsprecheranlage lässt zu wünschen übrig, dass die Haupt-Tribüne eigentlich ein Fall für die Abrissbirne ist, können auch diverse Anstriche nicht verhüllen. Oder die begrenzte Anzahl an überdachten Sitzplätzen, die gerade im Falle eines Aufstiegs zu einem echten Problem werden könnte. Ganz zu schweigen von der unzureichenden Abtrennung der Blöcke oder der nicht vorhandenen Polizei-Leitstelle, die für beide Ligen vorgeschrieben ist.
Vor allem der letzte Punkt dürfte bei der TuS angemahnt werden, auch wenn es bei DFB und DFL übereinstimmend heißt, "dass es natürlich Ausnahmen und Übergangsregelungen gibt."
Die Probleme sind bei Verwaltung und Politik hinreichend bekannt, waren aber über die Jahre nie wirklich relevant. "Es gab nun mal über 30 Jahre keinen Bedarf", weiß auch TuS-Manager Stefan Kuntz, der 1999 als Trainer von Borussia Neunkirchen selbst die Oberliga-Tristesse auf dem Oberwerth kennen gelernt hat. Was sich bekanntermaßen schlagartig geändert hat, weshalb man nun den notwendigen Modernisierungen hoffnungslos hinterherhinkt - zumal die öffentlichen Kassen leer sind. Auch deshalb ist auf dem Oberwerth schon längst nicht mehr an ein Junioren- oder Frauen-Länderspiel zu denken. Immerhin: Mit dem Regionalliga-Aufstieg der TuS wurde unter anderem ein abgegrenzter Gäste-Block errichtet, die Heim-Kabine erweitert, die Pressetribüne vergrößert. Seit Ende der 90er-Jahre werden die Probleme obendrein von der "Wasserschutzzone II" überlagert, die auf dem kompletten Gelände ausgewiesen wurde. Das "Errichten und Erweitern von baulichen Anlagen darf in diesem Bereich nicht durchgeführt werden", heißt es in der entsprechenden Verordnung. Ein Hemmschuh für fast alle erforderlichen Renovierungs-Maßnahmen, zumal im Sinne des sauberen Trinkwassers spezielle Baustoffe verwendet werden müssen - die entsprechend teurer sind. So ist derzeit auch der Bau einer Toiletten-Anlage auf der Gegengerade nicht in Sicht, einzig für die Sanierung der Toiletten in der Haupttribüne stehen 63.000 Euro im Etat der Stadt bereit. Um die Auflagen des DFB zumindest halbwegs erfüllen zu können, wurde als Notlösung für die Gäste-Fans eine mobile Toiletten-Anlage aufgestellt.
Die Pläne dafür liegen jedenfalls bereits in der Schublade, um das Stadion Oberwerth auf Vordermann zu bringen und den DFB beziehungsweise die DFL zufrieden zu stellen. Dazu zählen auch die Skizzen für eine Aufstockung und Überdachung der Gegengerade. Den Entwürfen zufolge könnten somit 7600 überdachte Sitzplätze entstehen, die Gesamt-Kapazität würde bei 14 000 Zuschauern liegen. Das Problem hier: die Finanzierung. "Es gäbe schon ein paar private Interessenten, die sich an der Sache beteiligen würden", glaubt TuS-Manager Kuntz, "aber die Kosten liegen auf Grund der Wasserschutz-Problematik um ein vielfaches höher."
Ohnehin ist der Verein bei all den Überlegungen nur in der Rolle des Bittstellers, an die Bildung von Eigenkapital ist in der Regionalliga nicht zu denken. Erst im Falle eine Aufstiegs könnte man bei der TuS wohl in die eigene Vereins-Struktur investieren. Dabei schwebt Kuntz ein Trainingsgelände mit mehreren Plätzen vor, wo alle Mannschaften aktiv werden könnten. "Das ist mindestens genauso wichtig wie die Stadionfrage, weil wir so mehr Talente fördern und dem Verein insgesamt ein breiteres Fundament geben könnten", sagt Kuntz.
Das ist freilich noch eine Vision ebenso wie der Bau eines neuen Stadions, von dem mancher blau-schwarze Fan bereits träumt. Zehn bis 15 Jahre würde es dem Vernehmen nach vermutlich dauern, bis sämtliche Genehmigungs-Verfahren abgeschlossen wären und die Bagger rollen könnten - es sei denn, der Höhenflug der TuS würde nachhaltig weitergehen und somit die Dinge womöglich beschleunigen. Bliebe dann nur noch die Frage, wo die geschätzten 20 Millionen Euro für eine Fußball-Arena herkommen sollen. Sven Sabock
Rhein-Zeitung - Ausgabe Koblenz, Region Nord vom 24.01.2006, Seite 29.