Klage gegen den Abramowitsch von Ahlen

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Klage gegen den Abramowitsch von Ahlen

Beitragvon H-Torsten » 06.12.2006, 21:07

Tja, anscheinend ist der Ex-Präsident von LR bzw. jetzt Rot-Weiss Ahlen doch nicht so lautlos abgetreten ...

Quelle: http://www.welt.de/data/2006/12/05/1135675.html

Klage gegen den Abramowitsch von Ahlen

Armes Ahlen. Früher hatten sie zu viel Geld, heute haben sie zu wenig Steine. Hat sie denn keiner gewarnt? Dass man leicht auf die Nase fallen kann, wenn ein Mäzen sein Spielzeug unversehens wegwirft, haben sie schon bei Fortuna Köln oder Wattenscheid 09 leidvoll erfahren.

Von Udo Muras

Kennen Sie noch den LR Ahlen? Die Frage sei erlaubt, denn den Verein gibt es nicht mehr, dabei war es doch ein ganz besonderer. Auferstanden aus der Kreisliga, marschierte er ab 1992 in Windeseile bis hoch in die Zweite Liga, aus der er sich nach immerhin sechs Jahren im Mai wieder verabschiedete.

Große Ziele wurden dort verfolgt, nicht ganz so große Namen sollten sie verwirklichen. Ein Werner Lorant saß auf Ahlens Trainerbank, auch Uwe Rapolder und Peter Neururer legten einen Zwischenstopp im 60.?000-Einwohner-Städtchen ein. Allerlei abgehalfterte Ex-Stars verdienten ihr Geld am Flüsschen Werse, in der Spitze 30.?000 Euro im Monat. Ohne Prämien.

Doch der letztmögliche Aufstieg, der in die Bundesliga, ließ sich nicht mehr erkaufen. Und so fuhr der Fahrstuhl jetzt in die andere Richtung, nach unten. Mit dem Abstieg brachen alle Dämme, und ein weiteres trauriges Kapitel über die unheilvollen Folgen des Mäzenatentums im Profifußball muss geschrieben werden.

Ahlen war bekanntlich fest in der Hand eines Multi-Multi-Multi-Millionärs, des Parfümfabrikanten Helmut Spikker. Der mietete zu Geburtstagsfeiern schon mal die Dortmunder Westfalenhalle und steckte nach eigenem Bekunden rund 50 Millionen Euro in den westfälischen Klub, der dafür die Initialen seiner Firma im Namen trug. Er war der Abramowitsch von Ahlen und LR sein Chelsea.

Das eigentümliche LR, ließ Spikker schmunzelnd wissen, stehe auch für Leichtathletik und Rasensport, aber bitte nicht für Leichtsinn und Reichtum.

Wofür es heute steht, ist den Ahlener Fußballspielern ziemlich egal. Vielleicht für Leid und Rückzug. Sie heißen jetzt jedenfalls Rot-Weiß und kämpfen in der Regionalliga ums Überleben. Spikker hat ihnen angeblich einen schönen Sack Schulden hinterlassen nach seinem Frustrücktritt im Sommer, jedenfalls verklagen sie ihn auf 833.?000 Euro. Dabei hatte der einstige Wohltäter öffentlich erklärt, er übergebe den Verein „mit einer schwarzen Null“. Wohl ein Irrtum.

„Er hat ja immer alles allein gemacht, es war nichts einsehbar. Er war eben ein diktatorischer Typ“, sagt Geschäftsführer Ernst Mareczek, der neulich per Einschreiben schon mal für 16 Stunden die Oberligareserve abgemeldet hatte, um nicht abzusaufen vor lauter Schulden. Auch B- und C-Jugend sollten eingespart werden, doch dann haben Sponsoren das Schlimmste verhindert, und alle Teams können vorerst weiter spielen.

Die Schulden aber bleiben, und weil der Gönner nicht im Guten ging, droht ein Gang vor das Gericht. „Er könnte das ja mit einem Federstrich bezahlen, die Summe ist eine Bagatelle für ihn“, sagt Mareczek leicht vorwurfsvoll und verweist darauf, dass Spikker sein Parfümimperium für 250 Millionen Euro verkauft habe.

So lange sich nun die Anwälte noch Mails schicken, kämpfen sie in Ahlen ums Überleben. Die Physiotherapeuten wurden schon angewiesen, aus Kostengründen weniger Tapeverband zu verbrauchen. Neuerdings verkaufen sie Zementsteine, die im Stadion mitsamt Namenszug des Käufers in eine „Rot-Weiße Freundewand“ eingelassen werden. Der etwas teurere Stein für Geschäftsleute kostet 1500 Euro, die schlichtere Variante 150. Noch sind sie nicht alle 200 Steine losgeworden.

Armes Ahlen. Früher hatten sie zu viel Geld, heute haben sie zu wenig Steine. Hat sie denn keiner gewarnt? Dass man leicht auf die Nase fallen kann, wenn ein Mäzen sein Spielzeug unversehens wegwirft, haben sie schon bei Fortuna Köln oder Wattenscheid 09 leidvoll erfahren. Oder in Herne, wo sich 1979 der kurioseste Fall zutrug. Da beriet der DFB eine Stunde vor Saisonstart über die Lizenz, die nach dem Konkurs des Mäzens bedroht war. Weshalb der DFB die Auftaktpartie kurzerhand zum Freundschaftsspiel erklärte. Die Lizenz war dann weg, Westfalia kam nie zurück. Die Anekdotenkiste des bezahlten Fußballs ist voll mit derartigen Beispielen. Vielleicht hätten sie sie auch in Ahlen nur rechtzeitig öffnen sollen.
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